
Angehende Lehrkräfte in der Vermittlung der deutschen Teilungs- und Einheitsgeschichte stärken
Die deutsche Teilungs- und Einheitsgeschichte bietet viele Möglichkeiten, das Demokratie- und Wertebewusstsein von Jugendlichen zu entwickeln. Mit ihrer Hilfe kann eines der wichtigsten Ziele schulischer Bildung besonders gut und wirksam erreicht werden. In der Schule gilt es:
„Junge Menschen zu befähigen, sich in der modernen Gesellschaft zu orientieren und politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Fragen und Probleme kompetent zu beurteilen. Dabei sollen sie ermuntert werden, für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Gerechtigkeit, wirtschaftliche Sicherheit und Frieden einzutreten.” (KMK, 2009/2018)
Allerdings wird DDR- und bundesrepublikanische Geschichte als deutsch-deutsche Geschichte oftmals zu wenig im Unterricht der Sekundarstufe I behandelt: Die zeitlichen Ressourcen und der chronologische Aufbau des Curriculums erschweren eine differenzierte Vermittlung. Es bedarf eines besonderen Engagements der Lehrkräfte, entsprechende thematische Schwerpunkte zu setzen und diese teils im Verbundfach aufzubereiten. Auch gilt es, die Bezüge zur Lebensrealität der Schüler*innen herzustellen. Im besten Falle existieren passende Arbeitsmaterialien, gut erreichbare außerschulische Lernorte, lokalgeschichtliche Anknüpfungspunkte und eine Verankerung in den Lehrplänen. Sind diese Voraussetzungen nur eingeschränkt gegeben, besteht die Gefahr, dass die deutsche Teilungs- und Einheitsgeschichte nur sehr verkürzt Eingang in den Unterricht findet.
Das Projekt „Geschichtsbewusst!“ unterstützt Lehrkräfte bei der Vermittlung des Themas, indem es praxisnahe, dem Bedarf gerechte Unterrichtsprojekte anstößt. Hierfür setzt es bereits bei der Lehrkräfteausbildung an.

Im Zentrum des Projekts steht ein Multi-Stakeholder-Prozess mit Expert*innen der Lehrkräfteausbildung sowie der schulischen und außerschulischen Bildungspraxis.
Im Auftaktworkshop entwickeln die Teilnehmenden Ideen für neue Formate der Lehrkräfteausbildung, die als Pilotaktionen an den beteiligten Institutionen umgesetzt werden. Studierende dieser Lehrveranstaltungen vertiefen ihre erworbenen Fertigkeiten in einem Geschichts-Projekttag für die Sekundarstufe I. Online-Meetings und ein Interim-Workshop erlauben auch in Zeiten von Corona den Austausch in und zwischen den Pilotgruppen. Ergebnisse werden in einem Abschlussworkshop zusammengeführt, ausgewertet und für den Einsatz in Ausbildung und Unterricht aufbereitet.
Das Projekt verbindet:
1.) die Bewusstseinsbildung bei angehenden Lehrkräften für die Relevanz des Themas, mit
2.) der Erarbeitung von Fach- und Vermittlungswissen für die Unterrichtspraxis und
3.) der Erstellung von Leitfäden und Unterrichtsvorlagen für den Einsatz in der Sekundarstufe I.
Die im Zuge des Projekts entwickelten Materialien werden auf der Projektseite kostenfrei zum Download zur Verfügung gestellt.
Mit diesem Ansatz antwortet das Projekt auf die schwierigen (Rahmen-)Bedingungen für die Vermittlung des Themas in der Sekundarstufe I.
Die zeitlichen Ressourcen und der chronologische Aufbau des Curriculums erschweren eine differenzierte Vermittlung der deutschen-deutschen Nachkriegsgeschichte bis zur Deutschen Einheit.
Zudem bedarf es eines besonderen Engagements der Lehrkräfte, entsprechende thematische Schwerpunkte zu setzen, die Inhalte ggf. im Verbundfach aufzubereiten und die Bezüge zur Lebensrealität der Schüler*innen herzustellen.
Im besten Falle existieren passende Arbeitsmaterialien, gut erreichbare außerschulische Lernorte, lokalgeschichtliche Anknüpfungspunkte und eine Verankerung in den Lehrplänen. Sind diese Voraussetzungen nur eingeschränkt gegeben, besteht die Gefahr, dass die deutsche Teilungs- und Einheitsgeschichte nur sehr verkürzt Eingang in den Unterricht findet.

Der Projektprozess ist dynamisch, entwicklungsoffen und wird vom Projektteam des Bundes für Bildung e. V. angeleitet.
Schaubild Projektprozess. Eine Verlängerung des Projekts im Jahr 2021 ist geplant.
Phasen des Projektprozesses
Der Prozess gliedert sich in drei Phasen:
I / Vorbereitung: Bedarfs- und Problemanalyse
Zu Beginn des Projektprozesses wurden zentrale Bedarfe der Lehrkräfteausbildung und der Unterrichtspraxis mit Blick auf die deutsche Teilungs- und Einheitsgeschichte ermittelt.
Von April bis Mai 2020 führte das Projektteam Interviews mit 13 Expert*innen der Geschichtswissenschaft und Fachdidaktik, der unterrichtspraktischen Lehrkräfteausbildung, des Verbands der Geschichtslehrer in Deutschland, der Schulpraxis und der Archiv- und Gedenkstättenpädagogik durch.
Am 27. Mai 2020 fand ein Online-Workshop mit Lehramtsstudierenden der Universität Münster statt. Die Studierenden besuchten das Hauptseminar „Umkämpfte Vergangenheiten – DDR-Geschichte(n) als Lernfeld“ bei Frau Prof. Saskia Handro am Institut für Didaktik der Geschichte.
Die Bedarfs- und Problemanalyse wird hier in Kürze zum Download bereitgestellt.
II / Workshops mit Praxisphase
Auftaktworkshop (online)
Am 4., 5. und 9. Juni 2020 entwickelten die Teilnehmenden Lösungsansätze für ausgewählte Herausforderungen der Geschichtsvermittlung. Die hieraus abgeleiteten Pilotaktionen sollen im Rahmen des Lehramtsstudiums erprobt werden.
Praxisphase
Zwischen Juni 2020 und Januar 2021 werden die Pilotaktionen an den Institutionen der Teilnehmenden durchgeführt. In diesen Veranstaltungen können die Studierenden Fach- und Vermittlungswissen erwerben, welches sie in der Gestaltung einer Unterrichtsstunde oder eines Projekttags in Klassen der Sekundarstufe I (ggf. online) erproben.
Abschlussworkshop
Die Erfahrungen und Ergebnisse werden zusammengeführt, ausgewertet und aufbereitet. Weitere Formate der Ergebnissicherung und Präsentation werden aktuell von den Teilnehmenden erarbeitet.
Projektinformationen zu WS1 als PDF
Prozess-Zwischenbericht nach WS 1 als PDF
III / Ergebnissicherung und Projektabschluss
Der gewählte Ansatz ist darauf ausgerichtet, Wirksamkeit in der Lehrkräfteausbildung und Unterrichtspraxis zu entfalten:
• Verstetigung von Kooperationen und Dialog
• Entwicklung von Pilotaktionen und deren Verankerung in beteiligten Institutionen
• Aufbereitung des Lernprozesses und der Best-Practice-Beispiele der Praxisphase in einem Erfahrungsbericht
• Aufbereitung der Unterrichtsentwürfe mit erprobten, praxisnahen Hilfestellungen für die Unterrichtsgestaltung
Die Projektergebnisse werden hier nach Fertigstellung zum Download bereitgestellt.

Aktuell sind 20 Expert*innen aus folgenden Bereichen eingebunden:
• Geschichtswissenschaft, Fachdidaktik
• Unterrichtspraktische Lehrkräfteausbildung
• Verbandliche Vertretung der Geschichtslehrer*innen in Deutschland
• Bildungsarbeit in Archiven, Gedenkstätten u.a. Institutionen, Zeitzeugenbüros
• Unterrichtspraxis: Erfahrung Lehrkräfte und Schulleitung (Rektorat)
• Arbeitsbereich politische Bildung
• Bildungskommunikation
Insgesamt fließen Erfahrungen aus sieben Bundesländern ein:
• Berlin
• Brandenburg
• Nordrhein-Westfalen
• Rheinland-Pfalz
• Sachsen-Anhalt
• Schleswig-Holstein
• Thüringen
Die Zielgruppe Studierende und Schüler*innen sind über separate Online-Workshops eingebunden.
Die Teilnehmenden im Projektprozess mit Pilotaktionen:
Dr. Bettina Effner
Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde/Stiftung Berliner Mauer
Dr. Ralph Erbar
Verband der Geschichtslehrer Deutschlands (VGD)
Prof. Dr. Saskia Handro
Institut für Didaktik der Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Katharina Hochmuth
Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur
Dr. Axel Janowitz
Bildungsarbeit/Archivpädagogik beim Bundesbeauftragten für die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BSTU)
Yvonne Kalinna
Institut für Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Lucie Kiehlmann
Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur
Dr. Kathrin Klausmeier
Fakultät für Geschichtswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Martin Lücke
Friedrich-Meinecke-Institut an der Freien Universität Berlin
Caroline Paulick-Thiel
Nextlearning e. V.
Prof. Dr. Detlef Pech
Institut für Erziehungswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin
Peter Römer
Geschichtsort Villa ten Hompel, Münster
Sonja Rosenstiel
Gedenkstätte Lindenstraße, Potsdam
Benjamin Stello
Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein
Falko Stolp
Gemeinschaftsschule am Roten Berg, Erfurt
Dr. Jeannette van Laak
Institut für Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Dr. Jochen Voit
Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße, Erfurt
Claudia Wegener
Bund für Bildung e. V.
Philip Weigand
Bund für Bildung e. V.
Maik Wienecke
Historisches Institut der Universität Potsdam
Anja Witzel
Berliner Landeszentrale für Politische Bildung
Dr. Ulrike Wunderle
Bund für Bildung e. V.

Aktuell werden vier Pilotaktionen in heterogenen Teams entwickelt. Alle Pilotaktionen bringen erworbenes Wissen in konkrete Unterrichtsentwürfe ein.
Sie verbinden den Projektprozess aus These, Erprobung und Reflexion mit einem zielgruppenorientierten Output:
• Vermittlung von Wissen an Lehramtsstudierende
• Aneignung dieses Wissens durch die Studierenden und Umwandlung in Vermittlungswissen (Unterrichtsentwürfe)
• Vermittlung des Erlernten in Klassen der Sekundarstufe I
• Rückmeldung von Schüler*innen und Lehrkraft
• Reflektion der gesammelten Erfahrungen durch die Studierenden und das Pilotteam
• Dokumentation der Erfahrung und Optimierung der Unterrichtsentwürfe
Alle Pilotaktionen nutzen Online-Tools für teaminterne Abstimmungsprozesse sowie in der Umsetzung der Pilotaktionen. Dies umfasst sowohl die Gestaltung von Online-Seminaren als auch die Konzeption von Unterrichtsstunden (Fernunterricht).
Das Projektteam des Bundes für Bildung e. V. unterstützt bei der Organisation und Umsetzung der Online-Formate.
Folgende Pilotaktionen wurden bisher entwickelt:
#fragdochmalnach – Relevanz der deutsch-deutschen Geschichte greifbar machen
Hauptseminar Geschichte mit dem Schwerpunkt, Oral-History-Ansätze zur Erschließung unterschiedlicher Facetten des Themas zu nutzen.
#Gedenkstättenkompetenz – Lernen an und mit außerschulischen Lernorten
Didaktik-Seminare an verschiedenen Universitäten in enger Kooperation mit außerschulischen Lernorten, um deren jeweils spezifischen Wert für die Geschichtsvermittlung zu verdeutlichen.
#zugewandt – deutsch-deutsche Geschichte in heterogenen Schulklassen
Seminar zur Nutzung museumspädagogischer Methoden für den konstruktiven Umgang mit Heterogenität im Klassenverband.
#Geschichtsgenerator zur differenzierten Geschichtsvermittlung
Seminar/Workshop mit digitaler Nutzung einzelner ausgewählter Ausstellungsstücke, um die Reflektion der Studierenden – und Schüler*innen – über Geschichtsdarstellungen zu schärfen.
Weitere Pilotideen werden von den Projektteilnehmenden diskutiert.
Die ausführliche Beschreibung der Pilotaktionen wird hier in Kürze zum Download bereitgestellt.
Das Projekt Geschichtsbewusst! lebt vom Engagement und von der Expertise seiner Teilnehmer*innen. Eine Verstetigung des Formats wird angestrebt.
